Open Fiber Spectrometer
Ein Selbstbau-Faserspektrometer für unter 50 € und noch dazu mit guter Leistung... einfach zu schön, um es nicht nachzubauen...

Ich habe vor einigen Jahren schon einmal ein kleines Spektrometer aus einer alten 1,3 Megapixel Webcam, einem Bruchstück einer alten DVD, Pappe, Heißkleber und jeder Menge schwarzem Klebeband gebaut. Der Aufbau hat seinerzeit überraschend gut funktioniert und ich konnte Emissionspektren von Glühbirnen, Energiesparlampen und LEDs gut darstellen.
Als ich kürzlich das Open Fiber Spectrometer entdeckt habe, das versprach mit ähnlich günstigen Teilen wie meine MacGyver-Variante, ein fasergekoppeltes Miniaturspektrometer in einem robusten Gehäuse bauen zu können, wie man es z.B. von Avantes, OceanOptics, StellarNet und anderen so kennt, war ich natürlich gleich interessiert.
Der Aufbau des Open Fiber Spectrometer ist extrem einfach und besteht aus einem 3D gedruckten Gehäuse mit einer intergrierten Halterungen für ein Mini Webcam-Modul und ein geprägtes Transmissionsgitter. Auf der Lichteinlassseite befindet sich eine Buchse für die aus dem Audiobereich bekannten TOSlink Lichtleitfasern und eine Halterung in die ein optischer Schlitz eingesetzt werden kann, um die Auflösung zu erhöhen.
Materialien:
Gehäuse:
GaudiLabs stellt die STL-Dateien und CAD-Daten unter Creative Commons Lizenz zur Verfügung. Die aktuellen Versionen finden sich auf GitHub. Folgende Druckparameter werden empfohlen:
- Schwarzes PLA Filament (am besten mattschwarz)
- 0.4 mm Düse
- 0.16 oder 0.2 mm layer height
- 100% infill
Es gibt zwei verschiedene Designvarianten. Eine für den sichtbaren (VIS) und eine die den sichtbaren und den nahen Infrarotbereich abdeckt (VIS/NIR). Im Rahmen dieses Artikels, wird hauptsächlich die VIS/NIR-Variante besprochen.
Wer keinen 3D-Drucker hat und auch niemanden kennt, der einen besitzt, kann sich das Gehäuse für ca. 20-25 Euro bei einem Druckdienstleister herstellen lassen. Hier lohnt es sich, ein bisschen zu vergleichen, da die Preise doch sehr breit streuen.
Auf der GaudiLabs-Projektseite finden sich noch ein paar zusätzliche Infos und Zubehörteile, auf die ich hier nicht eingehe. Schaut mal rein. Auch die anderen Projekte auf der Seite sind einen Blick wert.
Kameramodule:
Das Open Fiber Spectrometer Design verwendet standardisierte Mini-USB-Kameramodule, erkennbar am Formfaktor (60mmx8mm) mit zwei bis drei charakteristischen Befestigungslöchern auf der einen und einem weiteren, meist ovalem oder länglichem Befestigungsloch auf der anderen Seite. Diese Module gibt es in verschiedenen Auflösungen und von verschiedenen Herstellern. Hier ein paar Beispiele, mit denen sich gute Ergebnisse erzielen lassen:
- 1280x720, Sensor OV9726, z.B. HBV-1901 oder HBVCAM-NB2023 aktuell schlecht verfügbar, ggf. auf Aliexpress oder EBay und unter der Sensorbezeichnung suchen.
- 1600x1200, Sensor OV2659, HBV-1313, gut verfügbar
- 1920x1080, Sensor OV2720, verschiedene Bezeichnungen, gut verfügbar


Generell haben Module dieser Art sind zwischen 10 und 20 Euro zu erhalten, teilweise sogar noch günstiger. Bei den Modellen mit der Auflösung von 1920x1080 sind mir Probleme bei der Zweipunktkalibrierung mit der Software von Theremino aufgefallen. Details dazu finden sich im Abschnitt dieses Artikels, der sich mit den Softwareoptionen befasst.
Die Linsen dieser Kameramodule enthalten allerdings einen Infrarotsperrfilter, der entfernt werden muss, wenn das Spektrometer auch im nahen Infrarotbereich benutzt werden soll. Auch dazu später mehr.
Apropos Linsen. Der Bildwinkel der Kameramodule sollte so zwischen 60° und 75° liegen. Typischerweise werden 60° und 72° angeboten.
Während die Position der Befestigungslöcher standardisiert ist und das Kameramodul dadurch sauber in die 3D-gedruckte Halterung einrasten kann, unterscheiden sich die Positionen der Bauteile auf den verschiedenen Kameramodulen der verschiedenen Herstellern und Modellen. Das führt dazu, dass es evtl. nötig ist, die Halterung mechanisch etwas nachzubearbeiten, da gerne einmal ein SMD-Widerstand oder ein Transistor an einer ungünstigen Stelle sitzt und sonst bei der Montage des Modul Gefahr läuft abgerissen zu werden.
Geprägte Gitter:
Am besten verwendet man für den Bau des Open Fiber Spectrometers ein geprägtes/holographisches Transmissionsgitter mit 1000 Linien/mm. Diese Gitter gibt es sowohl eingerahmt in kleine Pappdiarahmen im Kleinbildformat oder als Zuschnitte bzw. Rollenware. Das Material in einem Pappdiarahmen reicht für zwei Spektrometer. Angebote finden sich typischerweise auf Amazon, Ebay und den anderen einschlägigen Plattformen. Zehn in Pappdiarahmen gefasste Gitter sollten sich für deutlich unter 10 Euro finden lassen.

TOSlink-Kabel:
TOSlink-Stecker und entsprechende Kabel finden normalerweise hauptsächlich zur Übertragung von digitalen Audiodaten mittels roten Lichtimpulsen über relativ kurze Strecken Verwendung. Für diese Standardanwendung reichen Lichtleitfasern aus Kunststoff, die bereits für wenige Euro erhältlich sind. Allerdings entsprechen deren spektralen Eigenschaften bei anderen Wellenlängen nicht zwingend den Anforderungen einer Faser für ein VIS/NIR-Spektrometer. Alternativ gibt es auch TOSlink-Kabel mit „echten“ Glasfasern, die dann allerdings deutlich teurer sind. Ob bzw. bei welchen Anwendungen dies einen Einfluss hat, besprechen wir später in diesem Artikel.
Softwareoptionen:
Public Labs stellt(e) ein Online-Tool zur Verfügung, das im Browser läuft. Allerdings wurde der Service unter https://spectralworkbench.org/ wegen mangelnder finanzieller Mittel Mitte 2022 eingestellt. Aktuell (Stand Juli 2024) verlinkt die Seite aber noch auf statische Versionen der Software, die zumindest Anzeige und Kalibration von Spektren ermöglicht. Mehr zum Projekt und der Software findet sich unter: https://publiclab.org/wiki/spectral-workbench und wer den in Ruby on Rails geschriebenen Code selbst hosten möchte, wird unter https://github.com/publiclab/spectral-workbench fündig.
Theremino stellt eine Open Source Windows Software zur Verfügung mit der sich sehr gut arbeiten lässt. Die Spektren lassen sich als Bilder aber auch als CSV-Daten abspeichern, die man dann z.B. in Excel, Origin und Co weiterverarbeiten kann. Das Programm ist in Visual Basic (.NET) geschrieben und der Sourcecode steht auf der Homepage des Projekts zum Download bereit und kann so beliebig erweitert oder angepasst werden. Die Kalibration der Spektren erfolgt über zwei Peaks mit bekannter Wellenlänge. Bei dem von mir getesteten Kameramodul mit der Auflösung von 1920x1080 (Seitenverhältnis 1,78) kam es zu dem Phänomen, dass die Zweipunkkalibration nicht möglich war, da die benötigten Marker in der Software nicht nahe genug zusammengeschoben werden konnten. Eine Umstellung der Auflösung in den Kameraoptionen auf 1280x768 (Seitenverhältnis 1,67) brauchte hier Abhilfe. Im Theremino-Forum gibt es einen Hinweis, dass sich das Problem auch über die Kameraausrichtung (Rotation, https://www.theremino.com/en/blog/tips-and-tricks/usercomments, Kommentar vom 30.1.2024 11:11) beheben lässt, was ich aber nicht näher untersucht habe.
Spectragryph ist eine professionelle Software zur Aufnahme, Verarbeitung und Auswertung von Spektren. Zudem unterstützt sie die Steuerung diverser Spektrometer namhafter Hersteller und bietet eine Fülle von weiteren Funktionen, die für wissenschaftliches Arbeiten von Vorteil sind (z.B. Zwei- und Mehrpunktkalibrierung der Wellenlänge, speicherbare Erfassungsprofile uvm.). Als Bonus gibt es auch ein Erfassungsmodul in der Software, dass die Aufnahme von Spektren über USB-Kamera-basierte Selbstbauspektrometer ermöglicht. Bei meinen Tests hat das gut funktioniert, allerdings muss man sich deutlich mehr mit der Software beschäftigen, als dies z.B. bei Theremino der Fall ist. Man muss sich auch darüber im Klaren sein, dass DIY-Spektrometer nicht im Fokus des Produkts liegen und somit diese Funktion vermutlich auch nicht mit höchster Priorität weiterentwickelt wird. Wer aber professionell mit Spektren arbeiten will, sollte sich die Software unbedingt ansehen. Spectragryph gibt es als kostenlose Testversion. Für nicht-kommerzielle Verwendung kann man eine kostenlose Lizenz anfordern. Eine lebenslange, kommerzielle Lizenz mit der Funktionalität zur Erfassung von DIY-Spektrometern gibt es für 290 Euro.
LPUWS ist eine Linuxsoftware, die ähnlich dem von Theremino bereitgestelltem Programm für Windows. Sie läuft auch auf Raspberrys.
Zusammenbau, Test und Kalibration:
Kamera:
Bei den vielen Kameramodulen ist das Objektiv mit einer Art Schraubensicherungslack gesichert, um den eingestellten Fokus dauerhaft zu halten. Da wir das Objektiv später, aber neu fokussieren müssen und zudem der Infrarotsperrfilter auf der Rückseite der Linse entfernt werden soll, müssen wir das manuelle Objektiv lösen und dann herausschrauben. Dies geht am besten mit einer kleinen Zange, einer Pinzette oder auch dem vorderen Teil einer Schieblehre.

Ist das Objektiv entfernt, liegt der Sensor frei. Am besten deckt man diesen ab, damit sich nicht zu viel Staub darauf absetzt. Auf der Rückseite des herausgeschraubten Objektivs kann man den Infrarotsperrfilter anhand seiner charakteristischen kupferroten Reflexion erkennen.

Leider ist der Sperrfilter bei allen Minikameramodulen bündig mit dem Objektiv verklebt oder sogar in das Gehäuse eingelassen. Mit Skalpellen o.ä. bin ich nicht weitergekommen, weshalb ich mich für die brachiale Methode mittels Diamantgravierstift entschieden habe.

Am besten trägt man das Glas des Filters von Rand herkommend schichtweise ab, bis es schließlich bricht. Die Splitter lassen sich dann leicht mit einer Pinzette entfernen. Anschließend noch alle feinen Brösel und den Staub von Linsenrückseite und Sensor entfernen (Druckluft aus der Dose) und das Objektiv wieder einschrauben.

Im nächsten Schritt wird die Kamera dann in die Halterung des Gehäuses eingesetzt. Wie bereits weiter oben erwähnt, sollte man dabei dringend darauf achten, dass keine abstehenden Bauelemente beschädigt werden. Ggf. muss der Halter mechanisch etwas bearbeitet werden. Das USB-Kabel wird hinter dem Kameramodul vorbei durch die Kabeldurchführung gelegt.
Mittels einer Schere oder einem scharfen Messer schneidet man nun ein Stück des optischen Gitters zurecht und setzt es in den gedruckten Halter schräg vor der Kamera ein. Beim Zuschnitt ist darauf zu achten, dass das Gitter so zugeschnitten wird, dass der Lichtpunkt horizontal aufgespalten wird. Das Gitter wird dann in die Kunststoffhalterung vor dem Kameramodul eingeklemmt. So sollte es dann aussehen:

Nun muss nur noch die Linse fokussiert werden, was leider bei diesem Aufbau das Schwierigste ist. Folgende Vorgehensweise hat bei mir gut funktioniert:
Man schließt das Kameramodul über das USB-Kabel an einen Computer an und startet die Theremino-Software oder ein anderes Programm, das ein Livebild der Kamera anzeigen kann. Anschließend verbindet man eine TOS-Link-Faser mit dem Spektrometer und dunkelt den Raum ab, um das Streulicht zu minimieren, das über den offenen Spektrometerdeckel eindringen kann. Richtet man die Faser dann auf eine helle Lichtquelle, sollte man ein Regenbogenspektrum auf dem Kamerabild erkennen können.
Zum eigentlichen Fokussieren eignet sich am besten eine relativ schmalbandige Lichtquelle wie eine einfarbige LED oder ein Laserpointer. Alternativ eine Leuchtstoffröhre oder Energiesparlampe, die ein paar diskrete Linien im Spektrum zeigen. Mittels einer kleinen Zange, Pinzette o.ä. dreht man die kleine Linse dann so lange hinein oder hinaus, bis die Linien am schärfsten sind. Dazu ist es vorteilhaft, wenn das Spektrometer fixiert ist oder man ein weiteres paar Hände hat. Bei den beiden Kameramodellen, die ich getestet habe, musste die Linse fast vollständig in die Fassung gedreht werden. Um es sich etwas einfacher zu machen, kann man das Kameramodul auch schon im ausgebauten Zustand vorfokussieren. Dazu stellt man unter Livebild-Kontrolle einen Gegenstand oder eine Buchseite in ca. 10-15 Zentimeter Abstand scharf, baut das Modul ein und geht dann wie oben beschrieben vor.
Gerade bei der Verwendung eines Laserpointers oder einer anderen hellen Leuchtquelle sollte man aufpassen, dass die Kamera nicht überbelichtet wird, da die Peaks sonst zu breit werden.
Ist man zufrieden, setzt man noch den Deckel auf und das Spektrometer ist einsatzbereit. Nicht unerwähnt bleiben soll, dass das Open Fiber Spectrometer auch die Möglichkeit bietet, eine Schlitzblende zwischen Ausgang der Faser und Eingang des Spektrometers zu montieren, was eine Erhöhung der Auflösung – aber auf Kosten der Lichtmenge – ermöglicht. Ich habe diesbezüglich aber noch keine Versuche unternommen.
Wenn man im Betrieb feststellt, dass auf dem Kamerabild unerwünschte Reflexe auftreten, die das eigentliche Spektrum stören, kann es helfen, die Innenseiten des Gehäuses mit einer matten schwarzen Folie zu beziehen oder mit Acrylfarbe zu mattieren.
Kalibration:
Zur Kalibration eignen sich neben Leuchtstoffröhren und Energiesparlampen auch Laserpointer, die günstig zu haben sind. Die typischen roten Laserpointer erzeugen dabei schmalbandiges Licht mit einer Wellenlänge von 650 Nanometern, die violetten emittieren bei 405 Nanomentern und die grünen bei 532 Nanometern. Eine Spezialität bei den grünen diodengepumpten Festkörper Laserpointern ist, dass bei günstigen Modellen oft noch die Pumpwellenlänge von 808 Nanometern und die noch nicht frequenzverdoppelte Laseremission des Festkörperkristalls bei 1064 Nanometern zu sehen ist. Mit einem solchen Set aus drei Laserpointern stehen einem also Kalibrationswellenlängen von Violett bis in den nahen Infrarotbereich zur Verfügung.
Abschließende Kommentare:
Das Open Fiber Spectrometer ist schnell aufgebaut und funktioniert gut. Die Kopplung mit einer Faser finde ich für viele Anwendungen aufgrund ihrer Flexibilität optimal. Das Preis-/Leistungsverhältnis ist sehr gut. Selbst mit 3D-Druckdienstleister kommt man mit 50 Euro gut hin.
Zwei Einschränkungen, die aber systembedingt sind, möchte ich nicht unerwähnt lassen. Die verwendeten Kameramodule übertragen pro Pixel nur 256 (8 Bit) verschiedene Helligkeitswerte. Daraus resultiert ein relativ geringer dynamischer Bereich zwischen hellstem und dunkelstem Peak und man muss sich bei anspruchsvolleren Messungen entscheiden, ob ein schwacher Peak im Untergrund untergehen oder ein intensiver Peak in die Sättigung gehen soll. Das spielt im Hobbyisten-Alltag zum Glück eine wesentlich geringere Rolle, als man denkt, aber man sollte sich der Thematik zumindest bewusst sein. Kommerzielle Diodenarray-Detektoren, wie sie z.B. in der HPLC (Hochleistungsflüssigchromatographie) eingesetzt werden, erreichen einen dynamischen Bereich von 10 Bit und mehr. Interessanterweise unterstützen einige Kamerasensoren, wie der oben beschriebene OV2720 einen dynamischen Bereich von 10 Bit (1024 Helligkeitswerte), die daraus gebauten Consumer-Kameramodule geben aber oft nur 8 Bit-Jpg bzw. 8-Bit Videofiles aus.
Auch die zweite Einschränkung hat mit dem Kameramodul zu tun. Die verwendeten Farbsensoren besitzen eine direkt über der lichtempflindlichen Sensorfläche angebrachte RGB-Filtermatrix (Bayermatrix), um ein Farbbild zu erzeugen, das dem Eindruck des menschlichen Auges nahekommt. Dadurch verlieren wir ein bisschen Empfindlichkeit und Auflösungen und ggf. kommt es zum einen oder anderen Artefakt, da wir das Spektrometer auch im infraroten und ultravioletten Bereich des elektromagnetischen Spektrums verwenden. Aber auch das stört bei der Anwendung nur wenig.
Möchte man die beiden angesprochen Themen umgehen, kann man sich nach einer monochromen Kamera umsehen, die die die Möglichkeit zur RAW-Bildausgabe besitzt. Ein Kameramodul basierend auf dem Sensor OV9281 (10 Bit RAW), welches sich an einen Raspberry Pi anschließen lässt, könnte hier ein guter Startpunkt sein. Aber das ist etwas für ein andermal. Ich freue mich jetzt erst einmal an meinem Open Fiber Spectrometer und widme mich meinem eigentlichen Thema, der Infrarot- und UV-Fotografie. Das Spektrometer wollte ich ja eigentlich nur, um die IR-Filter auszumessen...